Das nächste Technologieunternehmen geht aufs Parkett: Der Berliner Sprachlerndienst Babbel wuchs in der Coronakrise rasant und hat nun den Börsengang angekündigt.
Platz zum Wachsen hat Babbel jetzt genug. Der Berliner Sprachlern-Anbieter ist kürzlich in ein graues Fabrikgebäude am Berliner Ostbahnhof gezogen. 20 Jahre standen die fünf Etagen in der Andreasstraße direkt neben den Bahngleisen leer, in denen einst Julius Pintsch Gasbeleuchtungen herstellte. Der alte Standort in Mitte war für die 750 Mitarbeiter schon lange zu eng geworden, nun gibt es mit 10.000 Quadratmetern sogar doppelt so viel Platz. Allerdings dürfen derzeit nur 50 Mitarbeiter gleichzeitig hier arbeiten. Zwischenzeitlich waren es sogar 150 doch angesichts der steigenden Corona-Zahlen ist Babbel lieber vorsichtig.
So ist auch noch offen, ob die Räume bald mit einer großen Feier eingeweiht werden können. Einen Grund dafür gibt es: Babbel will noch in diesem Jahr an die Börse gehen. Nach dem Aufstieg von Zalando und HelloFresh in den DAX40 dürfte also bald das nächste Berliner Technologieunternehmen nachrücken. Zuletzt hatte der Online-Brillenversand Mister Spex Anfang Juli diesen Schritt gemacht.
Ziel von Babbel ist es, mindestens 180 Millionen Euro bei dem Börsengang einzusammeln. Insidern zufolge könnte die Firma bei der Neuemission auf einen Wert von mehr als einer Milliarde Euro kommen.
Babbel war 2007 gegründet worden und mit einer App zum Sprachen lernen gestartet. Kurse in 15 Sprachen bieten die Berliner inzwischen an, Anfang des Jahres kam zudem ein weiteres Angebot dazu, bei dem wie in herkömmlichen Sprachkursen in Gruppen live gelernt werden kann – allerdings am Bildschirm. „Es bringt das Spontane und Menschliche mit hinein und hilft natürlich die Aussprache zu trainieren“, sagt Firmenchef Arne Schepker. Man sei da noch im Anfangsstadium, habe aber schon einige hundert Lehrer und tausende Lernende pro Woche. Eine andere Neuerung muss dagegen wegen Corona warten. Babbel hatte den Sprachreiseanbieter Lingoventura gekauft und wollte auch in dieses Segment einsteigen. „Die Sprachreisen haben wir auf Eis gelegt, aber langfristig macht so ein Angebot, wenn es wieder möglich ist, sicherlich Sinn“, sagt Schepker.
Doch auch so entwickelt sich das Geschäft gut: mehr als zehn Millionen Abonnements hat Babbel inzwischen verkauft. Der Umsatz betrug im Vorjahr 147 Millionen Euro und hat durch die Pandemie noch einen kräftigen Schub erhalten. „In Deutschland und anderen Ländern haben sich während des Lockdowns die Anmeldungen verdreifacht“, sagt Schepker. Und das Wachstum hält an: Im ersten Halbjahr 2021 stiegen die Einnahmen um 18 Prozent auf 83 Millionen Euro.
Derzeit schreibt die Firma wohl trotzdem rote Zahlen. Genaue Angaben dazu und wann sich das ändern könnte, will Schepker nicht machen. „Wir haben aber mehr Cash in der Bilanz, als insgesamt Geld von Investoren eingesammelt, das zeigt auch wie gut unser Geschäft funktioniert“, sagt der 40-Jährige, der zuvor bei Zalando und Procter & Gamble gearbeitet hat. Ausführlichere Informationen soll es demnächst im Börsenprospekt geben.
Doch wie viele junge Technologieunternehmen investiert auch Babbel, um weiter zu wachsen. Zum einen in das Geschäft mit Firmenkunden, wo man viel Potenzial sieht. „Das macht ein Drittel des Sprachlernmarktes aus“, sagt Schepker. Zum anderen aber auch in das US-Geschäft. „Wir sind als eines der wenigen jungen deutschen Unternehmen auch in den USA sehr erfolgreich“, sagt Schepker.
Die Vereinigten Staaten haben inzwischen Deutschland als wichtigster Einzelmarkt abgelöst. Allerdings gibt es dort einen mächtigen Konkurrenten: Duolingo, das rund 40 Millionen aktive Nutzer monatlich zählt, hatte im Juli ein fulminantes Börsendebüt an die Wall Street gefeiert und war mit 6,5 Milliarden Dollar bewertet worden.
Doch Schepker stört das nicht. Seit dem Markteintritt vor sechs Jahren habe man die Bekanntheit auf 64 Prozent gesteigert. „Und in den Qualitätsrankings sind wir führend“, sagt Schepker. Die Zufriedenheit zeigt sich auch daran, dass etwas mehr als die Hälfte der Nutzer nach zwölf Monaten das Abo verlängert. Auf solche Werte würden die Wettbewerber längst nicht kommen. „Bei der Verlängerungsrate liegen wir 40 Prozent vorn“, sagt Schepker.